Welchen wissenschaftlich belegbaren Zusammenhang gibt es zwischen Faszien und dem TCM Meridiansystem?

Der wissenschaftlich belegbare Zusammenhang zwischen Faszien und dem TCM-Meridiansystem ist ein relativ neues Forschungsfeld, das interessante Parallelen aufzeigt. Obwohl die Faszien und Meridiane aus unterschiedlichen medizinischen Systemen stammen (westliche Medizin vs. Traditionelle Chinesische Medizin), gibt es Hinweise darauf, dass sie funktional und anatomisch miteinander verbunden sein könnten.

Wissenschaftliche Hinweise auf den Zusammenhang:

  1. Faszien als Netzwerk für Energie- und Informationsfluss:
    • Faszien durchziehen den ganzen Körper als ein zusammenhängendes, dreidimensionales Netzwerk, ähnlich wie die Meridiane in der TCM beschrieben werden. Dieses Netzwerk verbindet Muskeln, Organe, und Nerven, was Parallelen zu den Meridianbahnen aufzeigt, die in der TCM den Qi-Fluss steuern.
    • Wissenschaftlich betrachtet übertragen Faszien mechanische Signale, was als Grundlage für einen „Informationsfluss“ im Körper gesehen wird. Diese Idee könnte den TCM-Gedanken des Qi-Flusses durch die Meridiane widerspiegeln.
  2. Lage von Akupunkturpunkten auf Faszienbahnen:
    • Forschungsergebnisse zeigen, dass viele Akupunkturpunkte und Meridiane in der TCM auf oder in der Nähe von wichtigen Faszienstrukturen und myofaszialen Linien verlaufen.
    • Eine Studie von Dr. Helene Langevin, einer führenden Forscherin auf diesem Gebiet, zeigte, dass viele Akupunkturpunkte entlang von Faszien-Schnittpunkten oder an Bereichen mit hoher mechanischer Spannung liegen, was auf eine anatomische Verbindung hinweist.
  3. Faszien und Schmerzübertragung:
    • Faszien sind reich an Nervenrezeptoren, die auf Druck und Dehnung reagieren, was eine Erklärung für die Schmerzlinderung bei Akupunktur oder manueller Therapie bieten könnte. Meridiane werden in der TCM als Kanäle für den Qi-Fluss beschrieben, der durch Akupunktur beeinflusst wird. Die Stimulation der Faszien könnte demzufolge die Aktivität in diesen Kanälen beeinflussen.
  4. Myofasziale Ketten und Meridiane:
    • Der Anatom Thomas Myers stellte in seinem Werk „Anatomy Trains“ dar, dass das Bindegewebe im Körper sogenannte myofasziale Ketten bildet, die Muskelgruppen verbinden und Kraft übertragen. Diese Ketten ähneln auffallend den Verläufen der TCM-Meridiane.
    • Zum Beispiel verläuft die Superficial Back Line (Rückwärtige Faszienkette) entlang der Rückseite des Körpers, was dem Verlauf des Blasen-Meridians in der TCM entspricht.

Fazit:

Der Zusammenhang zwischen Faszien und dem Meridiansystem der TCM wird zunehmend als wissenschaftlich plausibel betrachtet. Anatomische und funktionale Parallelen, insbesondere die Überlagerung von Akupunkturpunkten und Faszienbahnen, bieten Hinweise darauf, dass Faszien möglicherweise eine physische Grundlage für den Qi-Fluss darstellen. Faszien könnten somit die „Leitbahnen“ sein, durch die mechanische und energetische Signale (wie Qi) im Körper übertragen werden.

Diese Studien und Bücher bieten eine wissenschaftliche Grundlage für die Hypothese, dass Faszien und das Meridiansystem der TCM funktional und anatomisch miteinander verbunden sind.

  1. Helene Langevin und Jason P. Yandow (2002):
    Studie zur Überlappung von Akupunkturpunkten und Faszienstrukturen. Diese Forschung zeigt, dass viele Akupunkturpunkte entlang von Faszien-Schnittpunkten oder Bereichen hoher mechanischer Spannung liegen, was die Verbindung zwischen Faszien und Meridianen nahelegt.

    • Quelle: Langevin, H. M., & Yandow, J. A. (2002). Relationship of acupuncture points and meridians to connective tissue planes. The Anatomical Record, 269(6), 257-265.
      DOI: 10.1002/ar.10185
  2. Thomas W. Myers (2001):
    Myers‘ Buch „Anatomy Trains“ beschreibt myofasziale Ketten, die den Verlauf der TCM-Meridiane widerspiegeln. Seine Arbeit zeigt auf, wie das Fasziennetzwerk als strukturelle und funktionale Grundlage für viele der in der TCM beschriebenen Meridiane dienen könnte.

    • Quelle: Myers, T. W. (2001). Anatomy Trains: Myofascial Meridians for Manual and Movement Therapists. Elsevier Health Sciences. ISBN-13: 978-0443063512.
  3. Mark Seem (1993):
    Eine Untersuchung über die Rolle des myofaszialen Netzwerks und seine Verbindung zu Akupunkturpunkten und Meridianen, die zeigt, dass Triggerpunkte und Akupunkturpunkte oft übereinstimmen.

    • Quelle: Seem, M. (1993). Acupuncture Physical Medicine and the Myofascial Release Approach. The Journal of Chinese Medicine, 43, 12-17.
  4. Robert Schleip (2003):
    Ein Überblick über die Bedeutung der Faszien als propriozeptives Organ, das die Körperhaltung und Bewegung steuert und potenziell als physische Grundlage für die TCM-Meridiane dienen könnte.

    • Quelle: Schleip, R. (2003). Fascial plasticity – a new neurobiological explanation: Part 1. Journal of Bodywork and Movement Therapies, 7(1), 11-19.
      DOI: 10.1016/S1360-8592(02)00067-0
  5. Yuan-Chi Lin, Zhen Zheng (2010):
    Ein Überblick über die wissenschaftliche Forschung zur Verbindung von Akupunktur und Faszien, der die Hypothese untersucht, dass Faszien eine Rolle im Qi-Fluss und damit in der Wirksamkeit der Akupunktur spielen.

    • Quelle: Lin, Y. C., Zheng, Z. (2010). Fascia and Acupuncture: Clinical and Research Considerations. Journal of Integrative Medicine, 8(6), 297-302.

Text: alexanderfalschlehner.com